Wir Yumpineros haben Glück, denn heute lernen wir die Welt des Kletterns etwas besser kennen – aus erster Hand von einem echten Profi: Gerard Rull, dem die Begehung der historischen Route "Siurana La Rambla 9a+" gelungen ist.

Gerard Rull beim Klettern



Yumping.- Hallo Gerard, wie geht's? Zunächst möchten wir dir zu deinem jüngsten großen Erfolg gratulieren. Wie fühlst du dich?
Gerard Rull.- Hallo, Yumpineros. Ich bin wirklich sehr glücklich, einen solchen Traum verwirklicht zu haben.

Y.- Was bedeutet diese Begehung für deine Karriere als Kletterer?
G.R.- Für mich, sowohl persönlich als auch sportlich, war es das Erreichen eines Gipfels, von dem du immer träumst, aber nie weißt, ob du ihn jemals erreichen wirst. Ich könnte sagen, dass ich das Ziel meiner Sportkarriere erreicht habe, glaube ich...

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Y.- Wie viel musstest du trainieren, um "La Rambla 9a+" zu schaffen?
G.R.- Ehrlich gesagt, seit ich mit dem Klettern angefangen habe, habe ich immer gezielt trainiert, sowohl allein als auch mit verschiedenen Trainern. Zu sagen, ich hätte speziell für die Rambla trainiert, wäre nicht ganz ehrlich. Also trainiere ich seit etwa 15 Jahren... hahaha!

 Gerard Rull (Foto von Ilia Karpenko)


Y.- Für diejenigen, die nicht so viel über Klettern wissen: Wie würdest du eine 9a+-Route beschreiben?
G.R.- 9a+-Routen können unterschiedlich sein – mehr oder weniger überhängend, länger oder kürzer. Aber sie haben meist sehr kraftbetonte Abschnitte (Boulder-Passagen), sind sehr ausdauernd und technisch anspruchsvoll mit winzigen Tritten.

Y.- In welchem Alter war dir klar, dass Klettern deine Welt sein würde?
G.R.- Als ich anfing, hat es mich so gepackt, dass ich wusste: Klettern werde ich nie aufgeben.

Y.- Kannst du uns beschreiben, was du fühlst, wenn du kletterst?
G.R.- Das hängt stark vom Tag oder der Route ab, aber ich genieße es immer sehr. Ich fühle mich glücklich und entspannt.

 Klettern auf La Rambla 9a+ (Foto von Henning Wang)


Y.- Viele unserer Leser fangen gerade mit Klettern an oder überlegen es – welchen Rat würdest du ihnen geben?
G.R.- Genießt die Anfangsphase – sie ist wunderschön, weil man bei jedem Ausflug dazulernt. Macht euch keinen Stress mit dem Schwierigkeitsgrad, Schritt für Schritt und mit Geduld. Der Grad kommt von allein.

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Y.- Körperliche Fitness ist zweifellos wichtig, aber die mentale Stärke ist entscheidend, oder?
G.R.- Absolut. Solche Routen fordern dich psychisch extrem – jedes gescheiterte Attempt zehrt an dir, weil du 100% gibst. Man muss stur bleiben und weiterkämpfen.

Y.- In anderen Risikosportarten bekommen Athleten Sponsorenhilfen. Ist das beim Klettern ähnlich?
G.R.- Klettern ist ein Nischensport, in dem Marken nur begrenzt investieren. Ich bekomme Ausrüstung von Beal und Scarpa, aber keine finanziellen Mittel. Mein bester Sponsor bin ich selbst (lacht).

 (Foto von Josep Malo)


Y.- Um dich besser kennenzulernen: Wie sieht ein typischer Tag in deinem Leben aus?
G.R.- Aufstehen um 6 Uhr, Arbeit von 7 bis 14:30 Uhr. Gegen 15 Uhr heim, essen, dann Training von 16:30 bis 20 Uhr. Danach eine Stunde laufen, Abendessen und schlafen. Ziemlich stressig (lacht).

Y.- Was war dein glücklichster Tag beim Klettern?
G.R.- Es gab viele, aber wenn ich wählen muss: der Tag, an dem ich die Rambla geschafft habe.

Y.- Wie lange warst du maximal ohne Klettern?
G.R.- Etwa 6 Monate wegen einer Verletzung.

 (Foto von Israel Macia)


Y.- Apropos Verletzungen: Gab es in all den Jahren ernste Zwischenfälle?
G.R.- Ja, ich hatte Pech – Ringfinger-Beugesehnenverletzungen an beiden Händen, die operiert werden mussten.

Y.- Lernt man in der Szene leicht Leute kennen?
G.R.- Es ist ein sehr sozialer Sport – in der Halle oder am Wochenende triffst du immer Gleichgesinnte.

Y.- Betreibst du neben Klettern andere Abenteuersportarten?
G.R.- Ob es Abenteuer ist? Ich liebe Skifahren.

Y.- Gibt es einen Extremsport, den du ausprobieren möchtest?
G.R.- Base-Jumping würde mich reizen.


Y.- Mit welchen 3 Worten würdest du dich als Kletterer beschreiben?
G.R.- Fleißig, beharrlich, stur.

Y.- Was ist dein nächstes Ziel?
G.R.- Aktuell keins. Ich will Kraft sammeln und entspannen, bevor ich mir ein neues Großziel setze.

Vielen Dank, Gerard, für deine offenen und sympathischen Antworten und dafür, dass du uns die Kletterwelt nähergebracht hast. Wir wünschen dir viel Erfolg und hoffen, dich bald zum nächsten großen Erfolg interviewen zu dürfen.