Emiliano Fernández Hurtado, professioneller Kletterer und Fotograf, teilt mit uns, wie er seine Leidenschaft für den Klettersport und seine Begeisterung für Bilder vereint. Mit fünfzehn Jahren Praxis hat dieser Kletterer, der den Spitznamen „El Chamán trägt, zahlreiche natürliche Wände sowohl in Mexiko als auch im Ausland erklommen. Zudem war er an der Produktion zahlreicher Dokumentarfilme und Kurzfilme beteiligt.

Aktuell widmet er sich weiterhin dem Sport und stellt uns in diesem Interview seine neueste Filmproduktion Tres Rocas vor, einen Film, der drei Geschichten aus der Welt des
Kletterns erzählt.

Der Schamane und Dani



Yumping.- Wann hast du mit dem Klettern begonnen und warum?
El Chamán.-
Schon seit meiner Kindheit haben meine Eltern die Liebe zur Natur, zum Sport und zur Kunst gefördert. Unser Vater hat meinen Bruder und mich mit vierzehn Jahren auf den Popocatépetl mitgenommen. Ab diesem Moment begann ich nach Kletterkursen und Bergtouren zu suchen. Mit sechzehn Jahren besuchte ich die Cordillera Blanca in Peru – dort begann meine Leidenschaft fürs Klettern.

Y.- Wie waren deine ersten Klettererfahrungen?
E.C.-
Ich reiste mit drei Freunden nach Peru, die die Cordillera Blanca bereits kannten. Wir versuchten, steile Wände aus Schnee, Eis und Fels zu bezwingen. In jenem Jahr erreichten wir keinen der Gipfel, die wir uns vorgenommen hatten. Statt einfache Wanderrouten zu wählen, lernte ich, dass es nicht auf den Gipfel ankommt, sondern auf den Weg, den man wählt, und wie man ihn geht.

Y.- Wie hat deine Familie darauf reagiert, dass du kletterst?
E.C.- Vor meiner ersten Reise nach Peru waren meine Eltern nicht einverstanden, dass ich mich so jung solchen Bergabenteuern aussetzte. Es ist natürlich, dass man sich um seine Lieben sorgt, wenn man glaubt, sie würden sich in Gefahr begeben. Trotzdem haben sie mich immer unterstützt – sie verstehen, dass es mir um die körperliche und mentale Herausforderung geht, die Abenteuersportarten mit sich bringen. Aber ich glaube, die Sorge bleibt.

Die Unterstützung und Ratschläge meiner Eltern waren entscheidend für meine Entwicklung im Klettern und im Studium.

Y.- Wie lange kletterst du schon?
E.C.- Mit vierzehn bestieg ich den Popocatépetl, mit sechzehn kletterte ich auf Basisebene (Sport- und Traditionelles Klettern) sowie Eis. Jetzt, mit 31, bin ich überzeugt, dass Klettern und Abenteuersport nicht nur Spaß machen, sondern auch körperlich und mental stärken, um den Alltag zu meistern.

Emilianer



Y.- Nenne einige Berge oder Felsen, die du erklimmen durftest.
E.C.- Hier ein paar Beispiele:

Y.- Gab es im professionellen Klettern viel Konkurrenz in Mexiko, als du anfingst, und wie ist es heute?
E.C.- Vor 15 Jahren gab es deutlich weniger Wettbewerb als heute. Das Klettern wächst in Mexiko rasant – mehr Kletterwände, mehr Wettkämpfer.

Y.- Hast du jemals einen Wettbewerb gewonnen?
E.C.- In meinen Anfangsjahren, aber ich war nie ein großer Fan. Ich bevorzuge das Klettern in der Natur, auch wenn Hallenwände zum Training wichtig sind.

Y.- Woher kommt dein Spitzname „El Chamán

E.C.- Eine Freundin nannte mich so, als ich anfing zu klettern. Mein erster Lehrer, Eduardo Tovar, machte Witze darüber – so blieb der Name El Chamán hängen.

Y.- Ist Klettern für dich eher ein Sport oder eine Lebensphilosophie?
E.C.- Klettern ist mehr als Sport – es führt uns an Orte, von denen aus sich das Leben anders betrachten lässt, und verändert so unsere Perspektive.

Y.- Wie verlief deine Karriere im Film?
E.C.- Ich studierte zwei Jahre Fotografie an der „Activa de Fotografía

Ich arbeitete als Produktionsassistent bei Kurzfilmen (Diplomarbeiten) des CCC (Centro de Capacitación Cinematográfica), später an einem Spielfilm, dann in den Abteilungen „Locations

Am CCC studierte ich Filmregie mit Schwerpunkt Kamera. Dort entstanden meine Kurzfilme und die Dokumentation Tres Rocas als Regisseur, sowie weitere Projekte als Kameramann.

Als Kameramann wirkte ich u.a. bei Un paso una cumbre, Más allá de la cumbre, Aprendiendo a volar, Juan Carranza und Costa alegre mit.

Y.- Wann und wie begann die Verbindung von Fotografie und Sport?
E.C.- Mein erster Kurzfilm als Regisseur handelte von einem Traum: Ein Mann erklimmt einen Felsen, trifft oben auf ein Wesen mit einem Raben und bemerkt, dass er kein Sicherungssystem hat. Das Wesen fragt, ob er Angst habe – er verneint und vollendet den Aufstieg.

Schon während des Fotografiestudiums suchte ich nach Motiven im Abenteuersport und Geschichten in Berglandschaften.
 Die Kunst des Dreharbeitens



Y.- Was bedeutet das Bild für das Klettern?
E.C.- Es ist ein Medium, um Geschichten aus den Bergen zu erzählen und die Sichtweisen der Kletterer und ihrer Begleiter zu teilen.

Y.- Verändert das Klettern mit filmischen Zielen (Perspektiven, Sequenzen) dein Sporterlebnis?
E.C.- Ja, die Konzentration aufs Klettern und gleichzeitig die filmischen Ziele im Blick zu behalten, ist schwer – besonders zu zweit an einer großen Wand.

Y.- Ist es für dich gleich anstrengend, einfach zu klettern oder eine Klettertour zu filmen?
E.C.- An manchen Orten ist Filmen einfach, wenn die Perspektiven stimmen. Bei Wänden oder Bergen von Tausenden Metern muss die Kamera mit nach oben – und währenddessen nach optimalen Aufnahmepunkten suchen.

Y.- Was war dein letztes Projekt?
E.C.- Film: Dokumentation Juan Carranza (Postproduktion), Regie: Rodrigo Imaz. Klettern: Eine Route am El Gigante (900 m, noch unvollendet – wir schafften ein Drittel, ich will zurück, um zu vollenden und möglichst zu filmen!).

Y.- Wie entwickelt ist das Klettern in Mexiko?
E.C.- Es gibt noch viel Potenzial, aber bereits viele Gebiete und täglich mehr Kletterer.

Y.- Gibt es viele eingerichtete Routen?
E.C.- Rund 100 Gebiete mit je zehn bis hundert Routen im Land.

Y.- Wer erschließt neue Routen?
E.C.- Die meisten Route-Developer, die ich kenne, sind unabhängig. Wir klettern lange genug, um Mexikos riesiges Potenzial zu erkennen – und lieben es, neue Routen zu schaffen.

Y.- Gibt es einen offiziellen Kletterverband in Mexiko?
E.C.- Ja, die FMDMyE (Federación Mexicana de Deportes de Montaña y Escalada, A.C.). Präsident Alfredo unterstützt durch Plaketten für neue Routen und deren Instandhaltung.

Y.- Beschreibe deinen Film Tres Rocas.
E.C.- Tres Rocas erzählt drei Geschichten rund ums Felsklettern: Carlos García führt durch ein Abenteuer in der Cordillera Blanca im Big-Wall-Stil. Diego López, der fürs Klettern lebt, probiert monatelang Boulder bis zehn Meter Höhe in der Wüste. Eine Gruppe erschließt eine 1000-Meter-Wand im hohen Schwierigkeitsgrad.



Y.- Wie verknüpfen sich diese drei Geschichten?
E.C.- Alle Charaktere teilen die Leidenschaft für neue Routen – ob Big Wall oder Boulder – und pushen sich mental wie körperlich an ihre Grenzen.

Y.- Welche Herausforderungen brachte das Filmen solcher Szenen mit sich?
E.C.- Neben der Klettervorbereitung darf man die zu erzählende Geschichte nicht aus den Augen verlieren.

Ich versuche, Situationen vorauszudenken und Perspektiven zu planen – manchmal klappt’s, manchmal nicht. Manchmal ergeben sich unerwartete Momente, die zur Story passen – dann greife ich zur Kamera. Improvisation ist essenziell.

Y.- Beim Filmen der Aufstiege – lebst du einen Zwiespalt zwischen Klettern und perfekter Einstellung?
E.C.- Ich priorisiere Lichtverhältnisse. Wenn möglich, klettere ich mit Kamera und filme von oben oder suche den besten Winkel.

Y.- An wen richtet sich dein Film?
E.C.- Tres Rocas ist für alle, die Einblicke in die Welt des Kletterns und Abenteuersports suchen.



Y.- Was leistet der Film für die Kletterwelt?
E.C.- Es gibt kaum mexikanische Produktionen zu diesem Thema. Der Film zeigt, wie kleine Produktionen interessante Projekte ermöglichen.

Y.- Erzähl uns von deinem nächsten Projekt.
E.C.- Geplant ist ein Kurzspielfilm: Ein gesunder alter Mann mit Gedächtnisproblemen zündet versehentlich Gas an. Seine Kinder beschließen, ihn ins Heim zu stecken. Statt ein halbes Leben zu akzeptieren, schnürt er sein altes Bergsteigerequipment und besteigt den Iztaccíhuatl, um dem Tod auf dem Gipfel zu begegnen.

Y.- Neben Bildern und Klettern – andere Hobbys?
E.C.- Laufen, Radfahren, Musik hören und Lesen.

Y.- Lieblingsbuch oder -film?
E.C.- Buch: Himalaya Alpine Style von Andy Fanshawe und Stephen Venables. Film: Aguirre von Werner Herzog.

Y.- Gibt es einen Kletterfilm/Dokumentarfilm, den du empfehlen würdest?
E.C.- Ja, Asgard Jaming.

Y.- Wo siehst du dich in zehn Jahren?
E.C.- Ich hoffe, viele Berge erklommen und viele Filme (Dokus und Fiktion) gedreht zu haben.